Ich gebe es zu. Ich besitze noch keinen Computer. Unvorstellbar: so ein Monstrum
auf meinem selbstgezimmerten Schreibtisch. Am liebsten würde ich mit einer
Gänsefeder schreiben, aber sie sind schwer aufzutreiben. Abgenagte
Bleistiftstummel und zerkaute billige Kulis sind auch nicht zu verachten. Aber
zur Sache: Vor circa siebenunddreissig Jahren kaufte ich eine Groma-
Reiseschreibmaschine, gebraucht natürlich. Sie gehörte einem
jüdischen Emigranten, den ich mal im Fahrstuhl eines New Yorker Mietshauses
kennengelernt hatte. Ich gab ihm funfundzwanzig Dollar dafür.
Auf dieser Schreibmaschine habe ich alle meine Bücher getippt. Sie ist mein
bester Kamerad, hat einen leichten Anschlag und passt sich im Tempo dem Rhythmus
meiner gedanklichen Formulierungen an.
Und nun zum Problem der Korrekturen, das ich auf einfache und computerfeindliche
Art gelöst habe. Es gibt nämlich seit mehr als 30 Jahren ein
chemisches Zauberschreibpapier, das in Amerika hergestellt wird. Es heisst
»Erasable paper« und hat folgende Eigenschaften: Man kann mit einem
gewöhnlichen Radiergummi alle Fehler spurlos wieder ausradieren,
natürlich auch ganze Absätze oder Seiten löschen und zwar
schneller und überschaubarer als mit einem Computer. Auf diese Weise kann
ich zügig und sauber arbeiten.
Und wie ist es mit einem Computer? fragte mich unlängst ein Kollege.
Irgendwann wirst du dich anpassen müssen und dir einen anschaffen.
Natürlich, sagte ich. Aber ich bin doch nicht dumm. Der modernste Computer
von heute ist morgen schon ein alter Hut. Deshalb warte ich ab. Ich warte auf
den endgültigen und letzten Computer. Dieser Computer müsste
selbständig denken können. Und nicht nur das. Er müsste auch
schlauer als ich sein und genau wissen, was die Verleger eigentlich wollen, vor
allem aber, was den Kritikern gefällt. Ich stelle mir das so vor:
Frühmorgens, gleich nach dem Aufstehen, stelle ich dieses Superding ein,
drücke die wichtigen und erfolgentscheidenden Tasten und lasse ihn für
mich arbeiten. Dann nehme ich ein Bad, rasiere mich, ziehe mich an,
frühstücke, gehe einkaufen, dann zur Post, auf dem Rückweg zum
Briefkasten, die übliche Routine. Später gehe ich zum Schreibtisch,
nur, um mal nachzugucken, ob der Roman fertig ist. Natürlich ist er fertig.
Die Frage bleibt: Was mache ich mit meiner vielen Freizeit? Aber bis dahin gibt
es sicher eine Lösung - einen zweiten Computer als Ratgeber für meinen
nicht so besonderen Fall: gesicherte Freizeitgestaltung für entlastete
Dichter und Denker.
Mit freundlicher Genehmigung von Edgar Hilsenrath